Am 16. September 2017 rief die US Umweltorganisation Ocean Conservancy wieder einmal zum International Coastal Cleanup Day auf, an dem dieses Jahr auch die Arten- und Tierschutzorganisation Whale and Dolphin Conservation (WDC) Deutschland teilnahm. Bewaffnet mit Müllsäcken und iChoc als Wegzehrung in der Tasche machten sich Helfer unter Leitung des Meeresbiologen und WDC-Mitarbeiters Fabian Ritter tatkräftig an die Strandreinigung. Über die Aktion, die problematische Meeresverschmutzung und die WDC haben wir mit Fabian im Interview gesprochen.
Die Whale and Dolphin Conservation (WDC)
Die WDC ist eine international tätige und gemeinnützige Arten- und Tierschutzorganisation, die sich dem Schutz von Walen und Delfinen widmet. Die 1987 von einem englischen Schüler initiierte Gruppe fand rasch viele Unterstützer und Spender, woraufhin sie ihre Arbeit auch international ausweiten konnte. Heute agiert die Organisation international und betreibt Büros in Großbritannien, Deutschland (gegründet 1999), den USA, Australien und Argentinien. Neben politischen Kampagnen und der Teilnahme an internationalen Konferenzen ist die WDC auch aktiv an Feldforschungsprojekten über verschiedene Wal- und Delfinarten beteiligt.
Interview mit Fabian Ritter von der WDC:
iChoc: Lieber Fabian, du hast mit zwei Kolleginnen vor wenigen Wochen auf Sylt ein Beach Clean-Up organisiert. Wie lief die Aktion? Hattet ihr viele tatkräftige Helfer?
Fabian Ritter: Die Aktion war toll und hat auch Spaß gemacht, wenngleich der ganze Müll natürlich eher erschreckend war. Wir zogen mit etwa 20 Freiwilligen los, das war sehr gut!
Und welche Bilanz konntet ihr ziehen? Wird es eine Wiederholung in 2018 geben?
Wir haben säckeweise Müll eingesammelt und einen stichprobenweise auch genau analysiert. Ja, ich denke wir werden nächstes Jahr wieder so eine Aktion veranstalten.
Euer Beach Clean Up war eine Aktion im Rahmen des International Coastal Cleanup Day. Menschen aus über 100 Ländern helfen seit 30 Jahren jährlich bei dieser Aktion der US Umweltorganisation Ocean Conservancy mit und ziehen tonnenweise Müll aus dem Meer. Hilf das bei den enormen Mengen oder ist der Tag eher symbolisch zu sehen?
Sowohl als auch. Im Rahmen eines weltweitern Aktionstages kann schon eine Menge gesammelter Müll zusammen kommen – und auch auf Sylt waren an diesem Tag an drei Stellen insgesamt 120 Menschen für die Umwelt unterwegs. Auf der anderen Seite muss man sehen, dass dabei natürlich nur ein Bruchteil des Mülls im bzw. am Meer eingesammelt wird. Die Lösung des Problems liegt nicht auf der Symptom-Seite, sondern es geht ganz klar um Müll-Vermeidung.
Welche Arten von Müll finden sich im Meer? Welche Stoffe und Gegenstände sind besonders problematisch für die Tiere, vor allem Wale und Delfine? Ich war im Sommer mit meiner Familie in Holland und habe dort eine Seehundauffangstation in Pieterburen besucht, die sich im Besonderen auch der Meeresverschmutzung durch Plastik verschrieben hat. Die Mitarbeiter erzählten mir von der verheerenden Wirkung von Mikroplastik auf den Organismus von Robben und Seehunden. Du bist Biologe – was geschieht mit den Tieren, vor allem auch den Walen und Delfinen, wenn sie in dieser Brühe aus Mikroplastik schwimmen?
Besonders häufig sind uns auf Sylt Plastik (in jeder Größe, Form und Farbe!), Styropor und Paraffin begegnet. Plastik ist besonders problematisch, da es so langlebig ist. Er wird nur in immer kleinere Teilchen zerrieben. Das so entstehende Mikroplastik wird mittlerweile von vielen Organismen, von Muscheln, Krebsen über Fische bis hin zu den Meeressäugern aufgenommen, ist also längst in der Nahrungskette angelangt. Dass Plastik dabei auch noch vielerlei Schadstoffe wie ein Magnet anzieht, ist besonders problematisch. Wale und Delfine werden so immens belastet. Aber auch das Verschlucken von ganzen Plastiktüten, Planen oder Resten von Fischernetzen kann zum Tod der Tiere führen. Robben, Wale und Delfine verfangen sich zudem in über Bord geworfenen oder verloren gegangenen Fischernetzen. Sie können sich daran böse verletzen oder sterben. Wale schleppen oftmals auch Netze oder Netzteile über langen Zeiträume und Strecken mit sich, bevor sie vor Erschöpfung eingehen. Nur die wenigsten Tiere haben das Glück, vom Menschen in diesem Zustand entdeckt und wieder daraus befreit zu werden.
Die WDC treibt neben Aktionen wie dem Beach Clean-Up natürlich viele weitere Projekte voran. Kannst du uns einige Beispiele nennen, wie eure Arbeit aussieht?
Uns geht es einerseits darum, dass wir die Öffentlichkeit aufklären, z. B. mit Veranstaltungen, Ausstellungen, Besuchen an Schulen, Radiointerviews und Medienarbeit. Außerdem wenden wir uns an Entscheidungsträger in Politik und Wirtschaft, betreiben sozusagen Umweltlobbyismus. Ich selber nehme darüber hinaus noch an Konferenzen, Expertengruppen und Fachtagungen teil und bringe dort unsere Expertise ein. WDC International unterhält überdies noch einige Forschungs- und Schutzprojekte weltweit – alles nachzulesen unter whales.org.
Zu guter Letzt natürlich die Frage: Wie kann man die WDC unterstützen? Wie kann man ein Helfer werden, braucht man spezielle Qualifikationen und Kenntnisse, oder kann im Prinzip jeder mitmachen?
Da gibt es einige Möglichkeiten. Man kann zum Beispiel eine symbolische Patenschaft übernehmen oder eine Spende leisten. Schüler können an ihrer Schule eine spezielle Veranstaltung organisieren oder einfach mal einen Motto-Geburtstag mit Spendensammlung feiern. Im Münchner Büro kann man bei WDC ein Praktikum machen und viele der ehemaligen Praktikanten, sowie andere Freiwillige, beteiligen sich regelmäßig im Rahmen unseres Ehrenamtlichen-Netzwerkes an unseren Aktionen und Veranstaltungen.
Vielen Dank Fabian für diesen spannenden Einblick in eure Arbeit. Wir wünschen euch weiterhin viel Erfolg bei euren Projekten!
Über Fabian Ritter:
Fabian Ritter ist freier Mitarbeiter bei der WDC und als Biologe Leiter der Meeresschutzgebiete-Kampagne „Walheimat – sichere Schutzgebiete jetzt!“. Fabian arbeitet seit Jahren in europäischen Delfinforschungsprojekten, ist einer der Mitbegründer des Wal- und Delfinschutzvereines M.E.E.R. und darüber hinaus seit Jahren im Wissenschaftsausschuss der Internationalen Walfang Kommission (IWC). Er veröffentlichte bereits drei Bücher, fotografiert Meerestiere, leitet verhaltensbiologische Praktikumskurse auf der spanischen Insel La Gomera und ist an zahlreichen Expeditionskreuzfahrten welweit beteiligt.