Achtung, Achtung: Kauft heute keine iChoc! Keine Sorge, nicht weil sie heute nicht qualitativ einwandfrei wäre. Sondern als Zeichen. Heute, am 24. November 2017, ist der jährliche „Kauf-Nix-Tag“. Erfunden 1992 in Kanada ist der „Buy Nothing Day“ ein konsumkritischer Aktionstag, der auf Ausbeutung und Machenschaften von Konzernen aufmerksam machen soll, aber auch zum kritischen Hinterfragen des ganz persönlichen Konsumverhaltens anregen will. Minimalisten und Konsumverweigerer gehen da täglich noch einen Schritt weiter: Sie reduzieren ihren Besitz auf ein Minimum oder lassen in Extremfällen gar alles hinter sich. Doch wie lebt es sich als Minimalist? Geht das in unserer westlichen, konsumorientierten Gesellschaft überhaupt? Wir haben uns einmal ein wenig ins Thema eingelesen und stellen euch dazu das passende Buch „Einfach leben“ von Lina Jachmann vor.
Konsumverzicht, Minimalismus, einfaches Leben – Begriffsdschungel
Wir leben in einer schnellen Welt. Wir leben in einer hektischen Welt. Konsum wird an jeder Ecke angeboten und für Geld ist beinahe alles zu haben. Besitz häufelt sich an. In unseren Wohnungen, in unseren Schränken. Viele Dinge, von denen man denkt, dass sie überlebenswichtig für uns sind, umgeben uns. Doch brauchen wir alle Dinge wirklich so dringend wie angenommen? Die Minimalisten sagen eindeutig: nein. Übermäßiger Besitz – immerhin durchschnittlich 10.000 Gegenstände pro Westeuropäer – kann unglücklich und sogar krank machen. Um uns herum eine unübersichtliche Masse an Dingen, die uns einengt anstatt uns unendlich viele Möglichkeiten zu bieten. Der Stress, die Wohnung mit dem vielen Nippes sauber zu halten, der Stress, zu jeder Saison wieder neue Dinge im Kleiderschrank zu haben, der Stress, … Die Liste ließe sich beliebig verlängern.
Minimalismus will sich auf das Wesentliche beschränken, um die wirklich wichtigen Dinge im Leben – wie etwa Familie, Freunde, schöne Momente miteinander – nicht aus den Augen zu verlieren. Dabei gehen die Meinungen, was Minimalismus, aka Einfaches Leben, genau bedeutet, weit auseinander. Wie wenige Teile darf man besitzen, um noch als Minimalist zu gelten? Diese Frage allein ist schwer zu beantworten, wenngleich Konsumkritiker auch immer wieder die Dinge in konkreten Zahlen reizen. Ein berühmtes Beispiel ist etwa die „100 Things Challenge“ des US-Amerikaners David Michael Bruno von 2008.
Eine deutliche Steigerung des Minimalismus kann jedenfalls in der Konsumverweigerung gesehen werden. Aber auch hier sind die Verhaltensmuster überlappend und lassen sich nicht einfach nach Kategorien abstufen. Von Genügsamkeit bis hin zur völligen Verweigerung und Askese sind alle Formen denkbar. Auch kann danach unterschieden werden, was verweigert wird, z. B. Nahrung, Kleidung, Wohnraum usw.
Die konsumkritischen Gründe sind so mannigfaltig wie die Begriffsdefinitionen. Ausbeutung von Menschen durch Wirtschaftskonzerne können ein ebenso starkes Motiv bilden wie religiöse oder ökologische Beweggründe. Sinnesüberreizung und Überforderung durch die Konsumgesellschaft verleiten nicht wenige Kritiker zu radikalen Neuanfängen, in letzter Konsequenz sogar verbunden mit einem Totalausstieg aus der gängigen Lebensweise.
Im Endeffekt muss jeder interessierte Mensch selbst sein persönliches Modell des Minimalismus finden, Dogmen und festgeschriebene Pläne helfen da wenig. Ein tolles Buch mit vielen Anregungen in die unterschiedlichsten Richtungen ist Lina Jachmanns „Einfach leben“, was ich euch nun gerne vorstellen möchte.
Buchtipp: Einfach leben
Das Buch „Einfach leben“ von Lina Jachmann, das im Frühjahr 2017 erstmals erschienen ist, verspricht uns laut Untertitel den „Guide für einen minimalistischen Lebensstil“. Es ist in vier Hauptteile gegliedert und stellt Minimalismus in seinen unterschiedlichen Facetten in den Bereichen Wohnen, Mode, Körper und Lifestyle vor. Nach einer kurzen thematischen Einleitung und ein paar praktischen Einstiegstipps geht es direkt auf in eine sehr abwechslungsreiche Mischung aus Homestories, Interviews und jede Menge Tipps aus den Bereichen Interieur, Mode und Beauty. Daneben finden sich etliche DIY-Anleitungen für selbstgemachte Kosmetik, Haushaltsartikel oder auch leckere, minimalistische Kochrezepte.
Was sofort ins Auge fällt: Das Thema Minimalismus wird von den unterschiedlichsten Seiten aus angegangen. Auf der einen Seite hat man die nachhaltigen Minimalisten. Themen wie Ressourcen schonen, Zero Waste und Gesundheit stehen ganz oben auf der Interessenliste. Auf der anderen Seite gibt es die Ästheten, die gerade Linien, Aufgeräumtheit und minimalistischen Style lieben. Auch echte Aussteiger trifft Lina Jachmann und erfährt beispielsweise, wie es sich mit nur 50 Dingen Besitz in Berlin oder in einem winzigen Wohnwagen auf einer Insel im Tegeler See lebt. Daneben werden viele geniale Minimalismus-Ideen vorgestellt, wie etwa den Kleiderschrank nach dem Capsule Wardrobe-Prinzip oder auch das Fitness-Programm ohne jegliche Geräte und Zubehör.
Fazit: Inspirationsquelle für Minimalisten! Abhängig von der Interessenlage kann sich jeder aus „Einfach leben“ herauspicken, was er möchte. Man muss keine Schritt-für-Schritt-Anleitungen durchlaufen, um sich am Ende Minimalist nennen zu dürfen. Das Buch bleibt, wie die minimalistischen und konsumverweigernden Konzepte auch, bunt, vielseitig und zwanglos. Genau der richtige Denkanstoß für das Leben in einer ohnehin schon gestressten und überreglementierten Welt.
Über die Autorin:
Lina Jachmann lebt in Berlin und arbeitet dort als Autorin und Kreativdirektorin einer Werbeagentur. Seit Langem begeistert sich die gebürtige Hamburgerin schon für Zeitgeist, Lifestyle und nachhaltigen Minimalismus. Vor drei Jahren entschied sie sich als langjährige Vegetarierin für den veganen Lebensstil und nahm nach dem Thema Essen schrittweise auch ihre anderen Lebensbereiche, wie Kosmetik und Kleidung, genauer unter die Lupe. Fester Bestandteil ihres minimalistischen Lebensstils ist es, viele Produkte selber herzustellen, weshalb sich in „Einfach leben“ auch viele DIY-Anleitungen finden.
Lina Jachmann: Einfach leben. Der Guide für einen minimalistischen Lebensstil Knesebeck Verlag, München 5. Aufl. 2017 Broschur, 240 S. ISBN: 978-3-95728-038-1 24,95 €
Wer nun direkt in die Praxis starten will, dem sei das Nachfolgebuch von Lina Jachmann empfohlen:
„Einfach leben. Der Praxis-Coach“